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Naturpilze im Rasen

Viele Fragen vor einem ernsten Hintergrund. Die Zahl der Pilzvergiftungen hat in Deutschland drastisch zugenommen. Ursache dafür ist, dass wieder mehr Pilze gesammelt werden. Auch in den Städten wird gesammelt – und damit auch die Pilze auf den Rasenflächen in Stadtparks, auf Sportplätzen oder Friedhöfen. Diese sind jedoch oft weniger bekannt als die im Wald vorkommenden Arten und so wird leider auch bei unbekannten Arten zugegriffen.

Unter den zahlreichen Pilzen, die wir auf Rasenflächen finden, sind z.T. recht seltene Arten, wie die Liste der „Pilze des Jahres“ zeigt. Es gibt weit verbreitete und sehr gute Speisepilze und einige wenige giftige Pilzarten. Nachdem der Sommer 2007 den meisten Regionen ausreichende Niederschläge beschert hat, gehen die Pilzexperten – bei anhaltender Witterung – von einer sehr guten Pilzsaison aus. Das heißt: auch auf Rasenflächen ist mit einem verstärkten Auftreten zu rechnen.

Was sind Pilze?

Jeder Gartenfreund weiß, dass Pilze Krankheiten an Gräsern und Pflanzen auslösen können. Doch um diese meist unsichtbaren, niederen Pilze soll es hier nicht gehen. Es sind die großen, mit sichtbaren, auffälligen Fruchtkörpern, die unser Interesse finden. Pilze gehören zu den ältesten Organismen. Hyphen, Fäden aus der Aneinanderreihung einzelner Zellen, bilden ein dichtes Geflecht: das Mycel, den eigentlichen Pilz. Dieses Mycell befindet sich im Boden bzw. in dem Medium, das vom Pilz besiedelt wird. Unter günstigen Bedingungen, feucht und warm, bilden sie verschieden gestaltete Fruchtkörper, die an der Oberfläche erscheinen und der Verbreitung der Pilze dienen. Grundsätzlich können wir zwei Typen bei den Pilzen unterscheiden: die Ascomyceten und die Basidiomyceten, sie unterscheiden sich durch die Entstehung und den Ort der Sporenbildung. Bei den „Ascomyceten“ werden die Sporen in „Schläuchen“ (Asci) gebildet und bei den „Basidiomyceten“ stehen sie auf kleinen „Ständerchen“ (Basidien). Das hat allerdings nichts mit dem Aussehen des Fruchtkörpers zu tun. Der eigentliche Pilz, das Mycel im Boden also, kann zum Teil sehr alt werden.

Wie vermehren sich Pilze?

Pilze haben zwei Techniken für ihre Verbreitung entwickelt. Zum einen erschließt das wachsende Mycel immer neue Bereiche rund um den Standort an dem sich der Pilz erfolgreich etablieren konnte. Die andere Technik sind die von den Pilzen an den Fruchtkörpern gebildeten Sporen. Sie werden an die Luft abgegeben. Da sie extrem leicht sind, werden sie schon von kleinsten Luftbewegungen weit fortgetragen. Ihre Aufgabe ist daher die Erschließung neuen Lebensraumes. Um möglichst viele bilden zu können, wurde die Fläche, an der die Sporen gebildet werden, insbesondere bei den Basidiomyceten, extrem vergrößert. Das geschieht durch die Lamellen oder Röhren oder zapfenartige Strukturen an der Unterseite der hut- oder konsolenförmigen Fruchtkörper.
Quelle: H. Jahn, 1979

Wovon leben Pilze?

Pilze besitzen kein Chlorophyll und können daher nicht durch Photosynthese energiereiche Kohlenstoffverbindungen bilden. Sie haben sich daher in der Regel darauf spezialisiert, vorhandene, organische Kohlenstoffverbindungen, die von Pflanzen oder in höherer Form von Tieren gebildet worden sind, zu verwerten. Bei diesem Abbau werden die Kohlenstoffmoleküle von den Pilzen für eigene Syntheseprozesse genutzt. In der Regel besiedeln Pilze ausschließlich nicht belebtes Gewebe. Abgestorbenes Herbstlaub, totes Holz oder die Überreste von Rasengräsern, besser als Rasenfilz bekannt. Mit dem Abbau vorhandener Biomasse leisten die Pilze, neben Bakterien und anderen Kleinstlebewesen, einen wichtigen Beitrag zum Stoffkreislauf. Aus dem Boden heraus werden die Substrate von Mycel durchwachsen und dabei langsam abgebaut. Rasenfilz, diese Mischung aus abgestorbenen Blättern, Trieben und Wurzeln der Gräser, ist ein idealer Nährboden für Pilze. Er ist in der Regel feucht (wichtig für das Pilzwachstum), leicht abbaubar und enthält neben den Kohlenstoffverbindungen auch viele weitere wichtige Nährstoffe.

Schädigen die Pilze den Rasen?

Diese Frage kann man relativ eindeutig mit einem Nein beantworten. Relativ deswegen, weil von den Pilzen Wirkungen ausgehen, die die Gräser und ihr Wachstum indirekt zum Teil ganz wesentlich beeinflussen.
Die Allermeisten haben aber überhaupt keinen Einfluss auf die lebenden Rasengräser. Von ihnen finden wir nur die Fruchtkörper zwischen den Gräsern. Andere wiederum setzen bei den Abbauprozessen Stoffe frei – wie z.B. Stickstoff. Diese Stickstofffreisetzung aus der toten Grassubstanz übt auf die lebenden Gräser eine Düngewirkung aus. Im Bereich des aktiven Pilzwachstums, wo die Freisetzungen nur erfolgen können, ist daher oft ein verstärktes und dunkleres Gräserwachstum zu beobachten. Die Hydrophobie des Mycels kann dazu führen, dass der gesamte Boden wasserabweisend wird. Im Extremfall – bei gleichzeitig ungünstigen Witterungsbedingungen (Trockenheit +Hitze) – kann es zum Absterben der Gräser durch vertrocknen führen. Solange man sie einfach wachsen lässt, geht von den Fruchtkörpern keine Gefahr aus. Erst ein möglicher Verzehr macht sie gefährlich. Im Rasen selbst sind sie wohl eher als „Störungen“ des Idealbildes eines Rasens zu sehen. Durch regelmäßiges Entfernen der Fruchtkörper, durch Mähen oder Absuchen, können diese beseitigt werden.

Häufige Pilze im Rasen

Pilze, die wir auf Rasenflächen finden, müssen nicht unbedingt im Rasenfilz leben. Manche besiedeln totes Holz, das sich im Boden befindet und andere leben tatsächlich nur im Boden. Oft einhergehend mit einer symbiotischen Verbindung zu den Wurzeln der lebenden Rasengräser oder benachbarten Bäumen. Manche Pilze beeinflussen das Gräserwachstum, von anderen sieht man nur zeitweise Fruchtkörper im Rasen. Zu den häufigsten und bekanntesten Pilzen im Rasen gehört der Feldegerling oder Wiesenchampignon (Agaricus campestris). Er hat keinen Einfluss auf das Gräserwachstum.

Pilzbekämpfung

Tauchen auf Rasenflächen Pilze auf, folgt oftmals gleich der Ruf nach ihrer Bekämpfung. Das ist jedoch kein einfaches Unterfangen. Chemische Mittel sind für diese Pilze nicht zugelassen. So bleibt in der Regel nichts anderes übrig als sich mit den Pilzen zu arrangieren, den Rasen in kürzeren Zeitabständen zu mähen und dabei auch die Fruchtkörper zu entfernen. In den Mähpausen können die Fruchtkörper zusätzlich mit einem Fächerrechen abgeharkt werden. Eventuell können mit höheren Nährstoffgaben die dunkleren Hexenringe kaschiert werden. In bestehenden Rasenanlagen ist alles zu tun, was Rasenfilz vermeidet und abbaut, um dem Pilz die Nahrungsgrundlage zu entziehen. Durch Wassergaben bei lang anhaltender Trockenheit bleiben nicht nur die Gräser im Wachstum, sondern auch die filzabbauenden Bakterien arbeiten weiter.

Martin Bocksch, Unabhängiger Rasenberater, Eltville + Echterdin